Badeinrichtung - WC

Priskus A.Theiler: «Für die Aufbereitung der Spülsystemteile benötigen wir einen Bruchteil von neuen Teilen - Rohstoffe sowie Entsorgung werden eingespart. In vielen Feldversuchen konnten wir eine sehr hohe Qualität in der Funktion erarbeiten.»

30.06.2024
Fery Lipp

Interview mit Priskus Theiler, Restclean

Restclean hat sich als Dienstleister im Bereich des Toilettenunterhalts laufend weiterentwickelt und an der Idee des nachhaltigen Wirkens gefeilt. Kürzlich konnte die Revidierung des 100 000. WCs gefeiert werden. Als letzte Errungenschaft hat Firmengründer Priskus A. Theiler den Fokus auf die Wiederverwendung der aufbereiteten Funktionsteile des Spülsystems gelegt, um den Gedanken der Kreislaufwirtschaft bei Restclean weiter zu vertiefen.

Priskus A. Theiler, neulich hat Restclean das 100 000. WC samt Spülsystem revidiert. Was haben Sie dabei gefühlt, was ist Ihnen dabei durch den Kopf gegangen?

Natürlich bin ich stolz darauf, dass wir dies in so kurzer Zeit geschafft haben. Frei nach dem Motto von Steve Jobs: «Grossartige Leistungen kommen nie von einer Person. Sie sind das Produkt eines Teams». Dabei sprechen wir von 17 Spülkasten-Herstellern mit über 100 unterschiedlichen Spülkästen, und unser exklusives Wissen geben wir an Interessierte bei internen Kursen gerne weiter.

In der Weihnachtswoche 2010 habe ich mit der ersten Gerätevariante in Dintikon bei einem Fahrradteile-Hersteller drei WCs saniert. Der Auftrag wurde mir durch den regionalen Sanitärbetrieb erteilt. Vieles hat noch nicht so richtig funktioniert. An den WCs hatte ich geschlagene volle zwei Tage rumgemacht, bis sie wieder funktioniert haben. Zu diesem Zeitpunkt musste ich mir eingestehen, dass ich nie im Leben mit dieser Dienstleistung Geld verdienen würde, doch ich habe nicht aufgegeben. Die Weiterentwicklung dauerte bis Ende April 2011 und Anfangs Mai startete ich offiziell und machte noch in diesem Jahr rund 650 WCs «glücklich» - als One-Man-Show. Kürzlich durfte ich der Auftraggeberin des 100 000. WCs einen Blumenstrauss, eine Flasche Champagner und einen Einkaufsgutschein über 100 Franken zu diesem Jubiläum überreichen – ein schönes Gefühl!

 

Sie haben Restclean 2022 an ein Kanalserviceunternehmen verkauft. Ihr bewährtes und erfolgreiches Team ist dennoch unverändert erhalten geblieben. Wie selbständig kann Restclean weiter seinem Geschäft nachgehen bzw. welche Änderungen haben sich ergeben?

Für das Team hat sich nichts geändert und wir dürfen unseren exklusiven Service in gewohnter Qualität weiter erbringen und hohe Kundenzufriedenheit feststellen. Schon vor dem Verkauf wurde für das kommende Jahr ein detailliertes Budget erstellt, das dem Verwaltungsrat vorgelegt wurde und welches der VR verabschiedete. Budgetanpassungen während dem Jahr wurde ebenfalls dem VR vorgelegt. Darum kümmert sich unser alter resp. neuer Geschäftsführer Roger Mäder. Auch hier hat sich nichts geändert ausser, dass sich der neue VR darum kümmert und mitentscheidet.

Im Vorfeld hatten wir bereits Interessenten für den Kauf respektive für eine Übernahme von Restclean. Jedoch waren wir daran nicht interessiert, weil keine Synergien auszumachen waren. Einem Verkauf konnte ich nur zustimmen, wenn beide Seiten profitieren und weiterwachsen können. Als die Its-Kanal-Service-AG 2022 auf uns zukam, hat es auf Anhieb gepasst. Der komplizierte und aufwendige Verkaufsprozess endete im Dezember 2022. Als Gründer und Erfinder von Restclean bin ich sehr zufrieden, dass wir mit dem neuen Inhaber auch International in den DACH-Regionen wachsen können.

 

Restclean hat die Einsparungen an Treibhausgasemissionen bzw. die Nachhaltigkeitsvorteile seiner Dienstleistung genau untersuchen lassen. Was waren rekapituliert die Ergebnisse davon?

Es wurden komplexe Berechnungen erstellt für den Ersatz einer Keramik-Schüssel bis zum Ersatz einer WC-Anlage inkl. dem Spülkasten und unserem Service gegenübergestellt. Dabei konnte dokumentiert aufgezeigt werden, dass ein Ersatz bis zu 8-mal umweltbelastender ist als die Sanierung durch Restclean. Auch ist bei einem Ersatz der CO2-Ausstoss bis 6-mal höher. Da wir alle die Erde ja nur gemietet haben von unseren Nachkommen - Kinder und Kindeskinder - ist es unsere Verpflichtung, mit den Ressourcen anständig umzugehen. Für diese Prozesse und die aufzubereitenden Daten arbeitete ein Mitarbeiter über drei Monate - das Resultat spricht für sich!

 

Ein weiteres Projekt in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule und dem Hightech Zentrum Aargau war die Optimierung Ihres Entkalkungsgeräts Tornado. Was wurde hier erreicht?

Dies war wiederum eine sehr spannende Zusammenarbeit mit der FHNW und dem HTZ. Die erarbeiteten Lösungen konnten wir zum grossen Teil selbst bei uns umsetzen und erreichen eine optimierte Umwälzleistung > 25%. Dadurch erhöht sich auch die Reinigungsleistung unseres mitgeführten und natürlichen Nussschalengranulats. Somit können wir das Endresultat einer sauberen und entkalkten Toilette inkl. Spülsystem noch schneller erreichen.

Im institutseigenen Wasserlabor der FHNW wurde beim Restclean-Gerät zuerst der Pfad des Wassers analysiert und aufgrund des theoretischen Vorwissens und praktischer Erfahrung gesehen, wo Optimierungsbedarf besteht. Als Problemstellen erwiesen sich schliesslich der Ansaugfilter, das Pumpenrad und verschiedene 90-Grad-Umlenkungen. Alles zusammen bremst das Wasser und führt zu einem unnötigen Verlust an kinetischer Energie. Weitere Optimierungen sind bei uns in Planung resp. in der Entwicklung.

Die stark verschmutzten Spülystemteile werden bei Restclean fachgerecht wiederaufbereitet.

Die stark verschmutzten Spülystemteile werden bei Restclean fachgerecht wiederaufbereitet.

Sie haben im Hinblick auf die Fokussierung auf Kreislaufwirtschaft auch andere nachhaltige Abläufe bei Restclean eingeführt. Welche sind das und welche Einsparungen ergeben sich daraus?

Wir versenden jährlich mehr als 6000 Pakete und als Füllmaterial dient uns der angelieferte Karton, der geschreddert wird und uns wiederum als Füllmaterial dient. Ebenso haben die Servicetechniker (SeT) von Beginn an eine 4-Tage-Woche und dies bedeutet: weniger Jahreskilometer und 50% mehr Erholungszeit.

Ein sehr komplexes Planungstool errechnet den Fahrweg vom Wohnort des SeT bis zum ersten Kunden, wie viele WCs zu sanieren sind (ein WC oder bis zu ganzen Überbauungen) und anschliessend wird der nächste Auftrag fixiert. Im Jahre 2023 hat bei uns eine Mitarbeiterin über 7200 solcher Aufträge mit dem Kunden vereinbart. Anschliessend wird per Mail oder mit einem Brief eine Bestätigung gesandt. Einen Tag vor der Auftragsausführung erhält der Kunde automatisch eine Erinnerungs-SMS. Dies bedeutet: wir stehen nie vor verschlossenen Türen, weil der Kunde den Termin vergessen hat resp. sich den nicht notierte.

Auftragsbestätigungen wie auch Rechnungen werden auch vermehrt per Mail versendet. Unser Reinigungspulver könnte in Sachets abgefüllt und in Kartons angeliefert werden. Dies wäre eine kostengünstigere Variante, würde jedoch jedes Mal die Umwelt mehr belasten als unsere Mehrweg-Weithalsflaschen, die wieder befüllt werden und in unseren RAKO-Kunststoffkisten angeliefert werden. Damit unsere Servicetechniker nicht einmal in der Woche nach Oberlunkhofen fahren müssen, wird das Verbrauchsmaterial per Post in unseren blauen Versandboxen zugestellt. Diese Boxen werden auch für das Retour-Material durch den Servicetechniker benutzt. Unsere speziell entwickelten 38°-Kupfer-Bogen ersetzen im Spülkasten den Panzerschlauch und halten ein Leben lang. Auch einem eventuellen Wasserschaden kann so vorgebeugt werden.

Bezüglich nachhaltiger Abläufe: letztes Jahr wurden bei mehr als 14 800 Spülsysteme eine Sanierung durchgeführt! Und bekanntlich, wo gearbeitet wird, passieren auch Fehler. Ein zweiter Nacheinsatz musste nur bei 66 Spülsystemen angefahren werden. Eine Fehlerquote von nur 4,4 Promille. Die sehr hohe Qualitätsarbeit unserer SeT ist auch hier: Weltspitze! Damit dies so ist und auch so bleibt, kommen die SeT alle 8 Wochen in einen Weiterbildungstag an unserem Schulungsstandort in Jonen AG.

 

Als neuste Innovation bieten Sie Ihren Kunden an, bei Ihrem Service auf wiederaufbereitete Funktionsteile des Spülsystems zurückgreifen zu können. Was bringt das an Ressourcenschonung?

Neue Teile werden mit viel Energie und neuem Granulat hergestellt. Es braucht eine neue Verpackung mit vielen Kleinteilen, gedruckte Anleitungen und diese werden anschliessend noch zum Kunden transportiert, wo dieser das nicht zu verwendete Material wieder entsorgen muss.

Für die Aufbereitung benötigen wir einen Bruchteil davon und der ganze Rohstoff und die Entsorgung werden somit eingespart. In vielen Feldversuchen über ein paar Jahre konnten wir eine sehr hohe Qualität in der Funktion erarbeiten. Daher erhalten unsere Kunden auch eine zweijährige Funktionsgarantie auf unsere Arbeit und auf die aufbereiteten Funktionsteile.

 

Wie haben die Hersteller der Spülgarniturteile darauf reagiert?

Grundsätzlich stehen alle Hersteller in der Pflicht, die Ressourcen zu schonen und müssen sich ja auch bezüglich Kreislaufwirtschaft Gedanken machen. So betrachtet sollte das Modell «Restclean» auch Schule machen. Bis dato haben wir keine negativen Reaktionen erhalten und wenn eine Reaktion, dann nur im positiven Sinne.

 

Wie wird die Wiederaufbereitung der Teile technisch und infrastrukturell bei Ihnen abgewickelt?

Zuerst wird visuell beurteilt, ob sich die Aufarbeitung lohnt und nach Typ gesammelt. Anschliessend werden die Teile demontiert, vorgereinigt und in einer speziell entwickelten Lösung entkalkt und gereinigt. Dies geschieht sehr schonungsvoll. Nach diesem Prozess werden alle Teile nochmals maschinell nachgereinigt und getrocknet und alle Dichtungen werden durch neue ersetzt. So können wir einen störungsfreien Betrieb dieser aufgearbeiteten Teile garantieren.

 

Welche Vorteile haben die Kunden durch die Wiederverwendung der Teile, abgesehen vom Nachhaltigkeitsaspekt?

Die Kosten entsprechen 2/3 des Neupreises. Jedoch wird die gleiche Garantie gewährleistet wie bei der Verwendung von Neuteilen. Auch hier haben wir über Jahre mit hunderten von Versuchen die Zuverlässigkeit der aufbereiteten Teile im Alltag getestet.

 

Wie hoch ist der Prozentsatz der Kunden, die diese Dienstleistung annehmen?

Je nach Region und Servicetechniker ist dies bereits bei bis zu 90% aller Kunden der Fall. Primär nicht aus Kostengründen, sondern unsere Kunden finden unseren Ansatz der Kreislaufwirtschaft sehr spannend und möchten auch hier ein nachhaltiges Zeichen setzen.

 

Welche weiteren Nachhaltigkeitsverbesserungen in Ihren betrieblichen Abläufen sind vorgesehen?

Aktuell arbeiten wir an Lösungen und Konstruktionen, die uns erlauben, bestehende Pissoir-Anlagen mit Direktspülung nachhaltig zu entkalken und zu sanieren. Testversuche stimmen uns sehr zuversichtlich. Auch hier gibt es einen sehr grossen Bedarf von Seiten der Hauswarte und des technischen Dienstes.

Aktuell wurde bei uns die alte Beleuchtung durch LED-Neonröhren ersetzt und Sektoren mit Bewegungsmeldern eingerichtet. Alle repetitiven Arbeiten überlassen wir der Stiftung Integra, einem Unternehmen mit sozialem Auftrag für Jugendliche und Erwachsene mit einer kognitiven, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung. Im letzten Jahr wurden über 40 000 Einheiten durch Integra abgearbeitet. Mit alldem sorgen wir für mehr Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung im Unternehmen. Und wir werden weiter daran feilen.


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